Die Berliner Piratenfraktion hat vor wenigen Tagen den Antrag (Drucksache 17/2351) gestellt, einen offiziellen Graffiti-Beauftragten für die Stadt Berlin einzustellen. Eine ähnliche Stelle gibt es bereits in München. Dort ist seit Anfang des Jahres David Kammerer aka. Cemnoz als “Sachbearbeiter für Street Art & Graffiti” für die Stadt tätig.
Der Antrag sieht vor die neugeschaffene Stelle mit Projektmitteln von 100.000 Euro jährlich für Personal und Sachmittel aus dem Landeshaushalt auszustatten. Die Aufgaben sollen unter anderen das Schaffen von legalen Wänden für Graffiti, die Erstellung eines Wandkatalogs und eine umfassende Vernetzungs- und Vermittlungsarbeit sein.
Begründung des Antrags: Graffiti ist Kunst! Diese Auffassung ist längst nicht neu, sondern hat sich inzwischen weit über die Grenzen der Szene hinaus durchgesetzt. Viele der Künstler/-innen haben inzwischen Weltruhm erlangt und ihre Werke sind Teil des Stadtbildes und des Diskurses in Kultur, Stadtentwicklung und selbst als Wirtschaftsfaktor im Tourismus. Gleichzeitig stellt Graffiti in vielerlei Hinsicht jedoch auch noch eine Grauzone dar, da naturgemäß viele der Werke bis heute noch illegalisiert werden und von verantwortlichen Stellen eher als Sachbeschädigung denn als Bereicherung für den öffentlichen Raum wahrgenommen werden. Gerade im politischen Diskurs der Stadt Berlin spielt Graffiti häufig nur eine Rolle im Zusammenhang mit Strafverfolgung und Justiz. Das wird dieser Kunstform allerdings nicht gerecht. Genauso wie die Graffiti-Kunst als künstlerische Ausdrucksform mit sozialräumlicher und integrativer Funktion identitätsstiftend wirkt und einen wichtigen wirtschaftlichen, öffentlich erfahrbaren und kommunikativen Faktor des sozialen Lebens in Berlin darstellt, sollten wir sie auch auf politischer Ebene behandeln. Wir plädieren daher für die Schaffung der Stelle einer bzw. eines Graffiti-Beauftragten, um ebenjene Funktionen stärker in den Vordergrund zu rücken und eine Schnittstelle zu schaffen, die die vielen Aspekte der Graffiti-Kultur integrieren und vermittelnd zwischen der Vielzahl beteiligter Akteure/-innen wirken kann – ob es um die Schaffung neuer, legaler Flächen geht oder eben um den kulturpolitischen Diskurs und die konzeptionelle Weiterentwicklung. Berlin hat in diesem Zusammenhang bisher leider keine Vorreiterrolle eingenommen. So ist die Stadt zwar Nutznießerin einer dynamischen und sichtbaren Graffiti-Szene, hält aber diese Kunstform weitgehend aus einem breiteren kulturpolitischen Diskurs heraus. Dagegen hat zum Beispiel die Stadt München gerade eine entsprechende Stelle geschaffen, die sich der oben beschriebenen Aufgaben annimmt. Es wäre kultur-, wirtschafts- und auch rechtspolitisch sinnvoll, wenn Berlin hier gleichzöge.
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Vielen Dank an Graffiti Lobby Berlin für den Hinweis
Titelbild: URBANSHIT