Von wegen Wagner! Der leidenschaftlichste Ort für Urban Art des Landes liegt mitten in Bayreuth

8. September 2024
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– URBAN TRAVEL –

Bayreuth ist nur Oper und Wagner? Von wegen! Bayreuth ist ein wahres Highlight sowie (noch) ein echter Geheimtipp wenn es um das Thema Urban Art geht und genau deshalb absolut eine Reise wert. Mit dem „Liebesbier“ ist auf dem Maisel Brauereigelände mitten in der Stadt ein wunderbarer Ort entstanden, der die ernst gemeinte Passion für Urban Art und die Liebe zur Braukunst in einer leidenschaftlichen Fusion vereint – Kuratiert wird das Projekt von niemandem weniger als Hera von Herakut, eine der bekanntesten Urban Art Künstlerinnen der Welt.

Wer an Bayreuth denkt, denkt automatisch an Wagner, klassische Musik, Oper und die Bayreuther Festspiele. Als Mitte des 18. Jahrhunderts anlässlich der Vermählung der Markgrafentocher Elisabeth Friederike Sophie das Bayreuther Opernhaus seine Türen öffnete, schien der Grundstein der kulturellen Identität der Stadt gelegt worden zu sein, an dem niemand mehr rütteln würde. Als Richard Wagner zwei Jahrzehnte später die jährlich wiederkehrenden Festspiele in die Stadt brachte, wurde die Sache besiegelt. Bis heute sind Oper und klassische Musik die bestimmenden Themen in Bayreuth und schlagen im musikalischen Takt als kulturelles Herz der bayrischen Stadt am Roten Main.

Nychos „Dissection of Wilhelmine“ Mural in der Innenstadt von Bayreuth, direkt hinter dem Opernaus

Dabei hat Bayreuth auch eine ganz andere Seite. Eine Seite, die vermutlich die wenigsten kennen. Noch, denn die Erkenntnis, das Bayreuth nicht nur Wagner, sondern auch eine wahre Perle für Urban Art Liebhaber ist, könnte sich ganz bald rumsprechen. Der Grund, warum das so ist, ist ein gemeinschaftliches Herzensprojekt, welches diesen Sommer ganz offiziell seine Türen geöffnet hat und seit dem stetig weiter wächst: Das LIEBESBIER, ein Ort, an dem sich Urban Art, das Handwerk des Brauens und regionale Kulinarik als leidenschaftliche Fusion treffen. Und, an dem man zudem auch noch ganz wunderbar und von Kunst umgeben übernachten kann und definitiv so schnell auch nicht mehr aus dem Hotel auschecken möchte, wenn man einmal die Tür zu seinem Zimmer geöffnet hat.

Historische Mälzerei-Gebäude auf dem Brauereigelände
Blick auf dem Hotel auf das Gelände, Murals von Super A und LEDANIA am Hotelgebäude

Mitten in Bayreuth, auf dem Gelände der Maisel Brauerei, ist mit dem LIEBESBIER über die letzten Jahre, und von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt, ein Ort entstanden, der sich mit großer Leidenschaft der Urban Art widmet und es geschafft hat, über 60 Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt nach Bayern zu holen, um ein dauerhaftes Gesamtkunstwerk zu schaffen: Ein Ort, an dem die Kunst von Künstlerinnen und Künstlern aus den unterschiedlichsten Bereichen und Stilen von Street Art und Graffiti ausgestellt, erlebbar und im wahrsten Sinnes des Wortes den Besucherinnen und Besuchern schmackhaft gemacht wird. Mit diesem nicht gerade unergeizigem Ziel ist Jasmin Siddiqui vor knapp zwei Jahren angetreten. Jasmin, die viele vor allem unter ihrem Künstlernamen Hera und Teil des Künstlerduos Herakut kennen, kuratiert diesen Ort mit allen seinen Farben, detailreichen Facetten und künstlerischen Ausdrucksformen in einem fortlaufenden Prozess. Vor allem aber mit ihrer Leidenschaft und Liebe zur Urban Art.

Ich selbst bin seit 20 Jahren unter dem Künstlernamen Hera in der Urban Art Szene tätig. Diese hat sich im Laufe der Zeit enorm vielfältig in alle  möglichen künstlerischen Richtungen entwickelt, schließlich sind alle Techniken, die auf der Straße für Aufmerksamkeit sorgen, erlaubt. Jeder Stil ist willkommen.

(Kuratorin Jasmin Siddiqui alias Hera)

Dabei begann alles ein paar Jahre früher mit einem Kunstwerk auf einer Leinwand, welches eine Leidenschaft für Urban Art bei einem der Initiatoren des Projektes auslöste und gleichzeitig der Beginn eines großen Vorhabens sein sollte. Als der Gastronom Thomas „Josch“ Wenk vor ein paar Jahren eine Leipziger Galerie betrat, fiel ihm ein Kunstwerk der Künstlerin Hera ganz besonders auf. Er kaufte es und hängte es nicht etwa in seine Wohnung, sondern in eins seiner Restaurants in Bayreuth. Es kamen ganz bald weitere Bilder dazu. Ein Werk des Londoner Künstlers Ben Ein, eine Leinwand von Okuda, eine Wandskulptur von Elmar Lause. Aus einer anfänglichen Zuneigung wurde eine Leidenschaft, wurde eine Liebe. Eine Liebe und Leidenschaft für das Sammeln, vor allem aber für Urban Art. Gepaart mit der bereits vorhandenen Liebe und Leidenschaft zur Gastronomie, zur Braukunst und zur Bayrischen Gastfreundschaft, war das LIEBESBIER Restaurant geboren. Ein Ort, wo Urban Art und Craft Beer in all ihrem Facettenreichtum in den alten Gemäuern von der Brauerei der Gebrüder Maisel zusammenkommen. Egal, an welchem Tisch man sich in dem verwinkelten Restaurant als Gast einen Platz sucht, die Kunst ist nie weit weg. An fast jeder Wand und in jeder backsteinernen Ecke hängt oder steht ein Kunstwerk.

„I Love My Job“, die Leinwand von Hera, mit der alles begann / Blick ins Innere des Restaurants mit Werken von diversen Artists

Einen Steinwurf entfernt, direkt neben dem Restaurant in einem der alten Brauereigebäude, befindet sich auf dem selben Gelände das LIEBESBIER Urban Art Hotel. Dunkel und elegant fügt sich der schieferfarbige Neubau in die Umgebung der historischen Gebäude der Brauerei ein und schlägt eine architektonische Brücke zwischen damals und heute. Über 60 Zimmer umfasst das Hotel, welches Anfang diesen Jahres eröffnet wurde. Es ist nicht irgendein Hotel. Jedes der insgesamt 67 Zimmer wurde von einer anderen Künstlerin oder einem anderen Künstler gestaltet. Jeder Raum in diesem Hotel ist anders.

Wir öffnen ein paar Türen und werfen einen Blick hinein: Der Künstler Swet 71 hat sein Zimmer von oben bis unten mit Farbe bemalt. Der Künstler Akut hat den Raum genutzt, um eine Installation zweier fotorealistisch gemalter Hände über dem Bett schweben zu lassen, die gerade dabei sind ein imaginäres Fenster und den Blick in eine andere Welt zu öffnen. Die Malerei der chinesischen Künstlerin SATR legt sich wie ein Wandteppich über die blau verputzen Mauern des Hotelzimmers und wacht dabei wie ein friedlicher Wachhund über den schlafenden Gästen.

Zimmer von Akut und SATR
Das Zimmer von Swet71, kurz nach der Fertigstellung der Arbeit des Künstlers (Foto: Maisel and Friends / Liebesbier)

Ausgewählt und eingeladen wurden die über 60 Künstlerinnen und Künstler von Jasmin Siddiqui aka Hera, die selbst Künstlerin und seit über 20 Jahren in der Urban Art Welt zuhause ist. Über zwei Jahre lang hat Hera sich als Kuratorin intensiv dem Projekt gewidmet und ihre sonstige Tätigkeit als bildende Künstlerin zurückgestellt. Diese Nähe und Leidenschaft zur Kunst, die mit der Wahl auf Hera als Kuratorin in das Projekt Einzug erhielt, zieht sich wie eine rote Linie durch das gesamte Hotel und Gelände. Und auch in der Vorgehensweise der Kuration ist das zu erkennen. In ihrer Arbeit waren die Künstlerinnen und Künstler komplett frei. Niemand musste vorab eine Skizze einreichen, wie das Hotelzimmer am Ende aussehen wird, die durch die Kuratorin oder den jungen Hotelbetreiber Sebastian Wenk abgesegnet werden musste. Eine Freiheit des kreativen Schaffens, die auf der Straße und im öffentlichen Raum genau so existiert und Street Art und Graffiti ausmacht. Genau diese Freiheit merkt man, wenn man die Zimmer betritt, die in ganz unterschiedlicher Art und Weise als „Leinwand“ genutzt wurden.

Hera bei der Arbeit ihres Zimmers (Foto: Maisel and Friends / Liebesbier)

Über die insgesamt 67 Zimmer zieht sich die Kunst konsequent weiter durch die gesamte Architektur des Gebäudes. Von der Lobby, über die Treppenhäuser, bis in den Wellnessbereich. Im ganzen Hotel verbirgt sich Kunst. Nie wird einem langweilig. Entdecken wird man alle Kunstwerke aber dennoch nie. Es sei denn, man verbringt 67 Nächte im Hotel und schläft jedes Mal in einem anderen Zimmer. Wem der Aufenthalt im LIESBIER Urban Art Hotel gefallen hat, der wird also höchstwahrscheinlich als Gast wiederkommen.

Blick in die Lobby des Hotels, die von Hera in Zusammenarbeit mit weiteren Künstlerinnen gestaltet wurde (Foto: Michael Bauer / Liebesbier)

Außerhalb der Mauern des Restaurants und des Hotels geht es mit der Kunst weiter. An den Fassaden und Wänden haben zahlreiche Künstlerinnen und Künstlern ihre Werke in Form von Murals hinterlassen. Eines der auffälligsten Kunstwerke hat der britische Künstlers D*Face an eine der Stirnseiten des Hotels gemalt. Die Künstlerin ZABOU aus Frankreich hat mit dem Kunstwerk die brückenschlagende Architektur aufgegriffen und ein Werk geschaffen, dass man erst beim Hinschauen aus zwei unterschiedlichen Perspektiven in seiner Gänze zu sehen bekommt. Aber auch vielen Orten auf dem Gelände, die nicht auf den ersten Blick einsehbar sind, befindet sich Kunst.

Mural von D*Face und Super A (Foto links: Michael Bauer / Liebesbier)
Die Vorderseite des Wandbildes der Künstlerin ZABOU bei der Entstehung (Foto: Maisel and Friends / Liebesbier)

Dabei stammt der überwiegende Teil der Kunstwerke in den Hotelzimmern und auf dem Gelände aus den Händen von Künstlerinnen. Das ist kein Zufall. Hera hat für das Projekt ganz bewusst vor allem Frauen gewählt, denn nach wie vor vor stehen in der Urban Art Szene vermeintlich vor allem männliche Künstler in den Frontreihen der Wahrnehmung. Dass das so nicht stimmt, dafür hat Hera mit dem Liebesbier den besten Beweis geschaffen. Dass Street Art und Graffiti sich über klassische Grenzen und gesellschaftliche Normvorstellungen hinwegsetzen, genau das macht die Kunstform zu dem was sie ist. Und genau diese Mischung spiegelt sich in dem Projekt wider. So lässt sich eine kuratorische Handschrift erkennen, die ihr Schreiben durch die jahrelange Teilhabe und das Mitgestalten einer globalen Kunstbewegung erlernt hat. Unterstützt wurde Hera bei ihrer Arbeit durch die Hamburgerin Anna Lafrentz, die die Produktionsleitung übernommen hat.

Mural von er us-amerikanischen Künstlerin ELLE

Der inklusive Geist der Szene ist in der Geschichte der Kunst einzigartig. Es gab vor Streetart noch nie eine Kunstbewegung, die sich über Landesgrenzen, Altersgrenzen und Gender hinweg zu einem großen Ganzen entwickelt hat.

(Kuratorin Jasmin Siddiqui alias Hera)

Während man nach einem Streifzug über das Brauereigelände abends im LIEBESBIER Restaurant sitzt, um genüsslich ein Hoppy Hell zu trinken, um sich dabei in Ruhe die Kunstwerke an den rohen Backsteinwänden des Restaurants anzuschauen, kommt das Gefühl auf, dass an diesem wunderbaren Ort doch auch ein Hauch von Wagner mitschwingt. Auf charmante Art und Weise spürt man die Bayreuther Geschichte und Gastfreundlichkeit der Stadt, die hier mit der Liebe für Urban Art und Leidenschaft für Braukunst verschmilzt. Zumindest ergeht es mir so nach dem dritten Bier. In Hamburg oder Berlin würde es einen solchen Ort definitiv nicht geben. Das Liebesbier gehört genau hier her nach Bayreuth und genau deshalb ist es absolut einen Besuch wert!

Leinwand und Skulptur von Okuda / Blick über den Tresen der Bar

Künstlerinnen und Künstler: Adele Renault / Aheneah / Akut / Alfalfa / Anna T-Iron / ATE Crew / Benuz Guerrero / Bust The Drip / Caratoes / Case Maclaim / D*Face / David de la Mano / Deih / Dizy / Dulk / El Kapone / ELLE / Finn Zielsdorf / Francisco Bosoletti / Frau Isa / Fresh Max / Gera / Hera / Hombre SUK / Honey / Hydrane / ISAKOV / Jaune / Julia Benz / Julijah / Julieta XLF / Jumu Monster / Ledania / Lidia Cao / Mantra / Marat Morik / Moon Venture / Mr Woodland / Nafir / NeSpoon / Need-A-Pencil / PAU / Pref / Reka / Sandra Chevrier / SATone / Satr / Semor / Seth Globepainter / Sokram / Super A / Song XFM / Superblast / Swet71 / Tape That / Tianooo / Tobo / Twoone / Various & Gould / Zabou


LIEBESBIER

Urban Art Hotel
Restaurant & Bar

Zimmer ab 95 Euro pro Nacht

Location / Kontakt
Andreas-Maisel-Weg 1
95445 Bayreuth

Mehr Informationen und Buchung
www.liebesbier.de

Alle Fotos, sofern nicht anders angegeben (c) URBANSHIT / Rudolf Klöckner, Lars Lehner. Kunstwerk Titelbild: D*Face

Rudolf

Gründer von Urbanshit. Brennt für Urban Art seit dem er denken kann. Lebt und arbeitet in Hamburg.

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Rudolf

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