Die kreative Protestgruppe Einfach So hat vorgestern Nacht auf den Straßen von Berlin insgesamt 100 Wahlplakate umgedreht und so weiße Plakatflächen geschaffen, die zum kreativen Gestalten einladen sollen. Das besondere an der Aktion: Anders als bei kreativen Umgestaltung in Form von Wahlplakatbustings oder der Zerstörung von Wahlplakaten, die illegal sind, argumentiert die Gruppe, dass es sich bei ihrer Aktion lediglich um eine “vorübergehende” Veränderung des Erscheinungsbildes handelt, und nicht um Sachbeschädigung laut StGB §303 II.
Die neuen Weißflächen können durch Bewohner durch Statements an die Politik, Kunst oder nachbarschaftliche Kommunikation genutzt werden, so die Idee von Einfach So. Bei der Aktion wurden die Plakate von allen Parteien, unabhängig von der politischen Ausrichtung, umgedreht.
Dabei hat sich die Gruppe laut eigenen Angaben hat von der Polizei “erwischen” lassen und die Aktion wurde nicht als Sachbeschädigung geahndet.
Dazu schreiben sie in ihrer Pressemitteilung: „Wer also die Wahlplakate vor seinem Fenster nicht mehr sehen kann: Einfach umdrehen! Bewusst haben sie die Oberflächen frei gelassen, denn sie fragen sich und uns: Wie werden die Bürger die Flächen nutzen? Für Forderungen an die Politik? Für Kunst? Für Liebeserklärungen mit Herzchen?“ Für die Aktion haben sie das Hashtag #bitteWenden17 eingeführt.
Dazu hat die Gruppe einen Brief an die Parteien und die jeweils für den Wahlkampf engagierten Werbeagenturen CDU/ Jung von Matt , SPD/ KNSK, DIE LINKE/ DiG-Trialon , Die Grünen/ ZBA , FDP/ Heimat sowie die AfD/ Kunkelbakker verschickt.
„Sehr geehrte Damen und Herren,
wir haben begonnen, Ihre Wahlplakate umzudrehen. Man könnte damit fragen wollen, ob Ihre Plakate eigentlich zum Nachdenken anregen sollen?
Man könnte damit sagen wollen, dass es für den Informationsgehalt irrelevant ist, ob die Vorder- oder Rückseiten sichtbar sind.
Man könnte damit auch weiße Flächen für Kunst im öffentlichen Raum zur Verfügung stellen.
Man könnte sie umdrehen, um darüber mitzubestimmen, was man im öffentlichen Raum wahrnimmt, ja wahrnehmen muss, und was nicht.
Man könnte Plakate umdrehen, um mit Richard von Weizsäcker zu fragen, was eigentlich der Unterschied zwischen Mitwirkung an der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und Einflussnahme auf die öffentliche Meinung (§1 ParteiG) ist.
Man könnte aus tausend Gründen Wahlplakate umdrehen. Man kann es aber auch einfach so tun.
Herzlichst, Einfach so.
P.S.: Vielleicht eine gute Gelegenheit mit dem Unsinn aufzuhören?“
Alle Bild: Doro Zinn.
Letztes Jahr hatte die Gruppe bereits mit einer Aktion für mehr Spaß im öffentlichen Raum für viel Aufsehen gesorgt. Dafür haben sie im Sommer mitten in Berlin 30 Guerilla-Schaukeln aufgehängt.