Der Musikjournalist und Backspin Herausgeber Niko Hüls hat einen Roadtrip im Porsche quer durch Europa gemacht und sich auf die Spuren von Rap, Graffiti, DJing und Breakdance begeben. Seinen Trip dokumentiert er im Reise- und Kulturführer „Hip Hop in Europa“. Amsterdam, Barcelona, Berlin, Kopenhagen, London und Paris standen dabei auf der Route, die er 2018 und 2020 besucht hat. Wir haben Niko zum Interview gebeten und mit ihm über seine persönlichen Hip-Hop-Wurzeln, sein Buchprojekt und die Facetten in der Hip-Hop-Kultur gesprochen.
Niko, Du bist seit über 25 Jahren im Hip-Hop-Bereich tief verwurzelt. Wann bist Du in Berührung mit Hip-Hop gekommen und was begeistert Dich persönlich, auch nach so vielen Jahren, noch immer an der Szene?
Meine Anfänge waren ganz klassisch Tapes, die ich von älteren Freunden bekommen habe, ohne Beschriftung und mit Musik von Public Enemy und Run-D.M.C.. Zugegeben, ohne genau zu wissen, worum es dabei eigentlich geht. Aber diese Faszination ist schnell gewachsen, dabei aber nie abgeebbt. Denn ich habe schnell gemerkt, dass es um mehr als Musik geht. Gerade, weil Hip-Hop eine so vielfältige Szene ist, bin ich bis heute ein großer Fan von allen Teilen dieser Kultur – und Fan davon, wie es immer wieder schafft, Werte und Respekt zu vermitteln.
Kann Dich im Hip-Hop-Bereich eigentlich noch etwas überraschen?
Ich glaube, ehrlicherweise nicht. Denn ich habe mehr als 1.000 Interviews geführt, war in so vielen Ländern und habe so viele Dinge gesehen und erlebt. Es ist so, dass ich noch ein paar Namen auf meiner Liste habe, die ich gerne mal treffen möchte. Ob das klappt werden wir sehen. Dankbar bin ich aber für alles, was mir mein Beruf, meine Berufung und Partnerschaften wie die mit Porsche ermöglicht haben.
Du sprichst es an. 2018 und 2020 bist Du mit deinem Format „Back To Tape“ bzw. “Back 2 Tape” zusammen mit Porsche auf einen Roadtrip quer durch Europa unterwegs gewesen. Für den gerade erschienenen Reise- und Kulturführer „Hip Hop Kultur – Ein Roadtrip durch Europa“ hast Du viele Künstlerinnen und Künstler portraitiert, verschiedenen Städte bereist und bist tief in die Szene eingetaucht. Was war das Beeindruckendste, was Du auf Deiner Reise erlebt hast?
Ich glaube das Beeindruckendste war am Ende, dass wir immer wieder auf Menschen getroffen sind, die, egal welchen Ursprung sie hatten, eine identische Liebe für die Kultur hatten. Über Sprachbarrieren oder Herkunft hinaus. Das ist auch etwas, was mich bis heute fasziniert und immer wieder glücklich macht. Egal wo man auf dieser Welt hinfährt, man trifft überall auf Hip-Hop. Überall auf Rap, überall auf Graffiti, überall auf Breakdance. Aber natürlich haben mir diese Roadtrips auch Einblicke in europäische Metropolen abseits der klassischen Tourismus-Pfade ermöglicht. Wir sind tief eingetaucht in Kreativszenen und haben uns von unseren Gästen an Hip-Hop-Orte führen lassen – und an Orte, die für sie und ihre Entwicklung wichtig waren. Ob das in Teil 1 das Elternhaus von Moses Pelham in Rödelheim war, die Münchner Muffathalle für Blumentopf, in Teil 2 die Treppe, auf der Kool Savas “King of Rap” gerappt hat oder die älteste Druckerei von Paris, in der heute moderne Kunst und Graffiti Einzug erhalten. All das hatte Gänsehaut-Potential.
In dem Buch kommen 17 Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Dänemark zu Wort, die die Kultur maßgeblich geprägt und weiterentwickelt haben. Wieso wolltest Du genau diese Künstler treffen und portraitieren?
Die Auswahl war insofern schwierig, als dass man theoretisch in jeder Stadt hunderte Menschen hätte treffen können. Es ging uns aber stets darum, der Kultur einen Raum zu geben und nicht nach Reichweite oder nach der erfolgreichsten Platte zu entscheiden. Wir wollten stets alle Facetten der Hip-Hop-Kultur umfassend abbilden. Darum haben wir in der einen Stadt nach Graffiti und in der nächsten nach Breakdance oder Rap gesucht. Und es ging uns darum, dass die beteiligten Protagonisten etwas zu erzählen haben, was sie mit der jeweiligen Stadt verbindet.
Das Buch möchte es schaffen, dass der Hip-Hop-Kultur mit all ihrer Vielfalt offen und positiv begegnet wird. Wie hat sich die Offenheit gegenüber der (einstigen) Subkultur Hip-Hop über die Jahre entwickelt? Mit welchen negativen Seiten hat die Szene noch immer zu kämpfen? Wo besteht (Er)Klärungsbedarf?
Ich glaube, es ist immer noch eine Menge Erklärungsbedarf vorhanden. Denn natürlich ist immer Rap das größte Element dieser Kultur. Und wenn es dort negative Schlagzeilen gibt, strahlt das schnell auf das Gesamtbild der gesamten Kultur ab. Auch machen viele den Fehler, Rap und Hip-Hop gleich zu stellen, was einfach falsch ist. Darum freue ich mich auch, so ein Buchprojekt machen zu können, in dem wir vielleicht auch Menschen ein wenig über Hip-Hop erzählen können, die sonst keinen Bezug haben. Und gleichzeitig können wir Hip-Hop-Fans Orte zeigen, die man auf einem Roadtrip quer durch Europa entdecken kann.
Was wünscht Du dir, dass das Buch beim Leser bewirkt / auslöst?
Zunächst, dass man es gerne liest. Das man es vielleicht auch in das Handschuhfach seines Autos packt – und dass man es mit einem Lächeln durchblättert. Uns hat die Reise und die Produktion der beiden Filme, aber auch das Schreiben des Buches jede Menge Spaß gemacht. Das wollen wir weitergeben und dazu einladen, der europäischen Hip-Hop-Kultur mit all ihrer Diversität offen zu begegnen. Dieses Buch soll Brücken bauen. Es soll denen, die bereits mit der Kultur vertraut sind, einen Einblick in unsere Geschichte dieses Projektes geben. Und für die Leute, die nichts damit zu tun hatten, die sollen dadurch ein Gefühl bekommen, was Hip-Hop leisten kann.
Rap, Graffiti, DJing und Breakdance gehören untrennbar zur Hip-Hop-Kultur. Aber Hip-Hop und Porsche verbindet man nicht sofort. Wie passt das dennoch zusammen?
Das ist sicher eine oft gestellte Frage – auch nach etwa vier Jahren Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Es ist doch so: Im Hip-Hop geht es im Kern darum, dass man aus nichts etwas macht – mit Werten wie Pioniergeist, Mut, aber auch Respekt. Egal, wie deine Chancen stehen oder woher du kommst. Und am Ende ist der erste Porsche mit genau dem gleichen Mindset entstanden. Der Firmengründer von Porsche hatte damals eine Idee von einem Auto, das es so noch nicht gab, also hat er es selbst gebaut. Hip-Hop ist genauso. Und ich glaube, alle Beteiligten haben auf dieser Reise schnell verstanden, dass man Hip-Hop sein kann, ohne dass man Hip-Hopper ist. Eben dann, wenn man der Kultur den Raum gibt, den sie verdient – und die Werte lebt, die sie verkörpert.
Das Buch versteht sich auch als Reiseführer und besucht Städte, die jeder Hip-Hop- und Roadtrip-Fan in Europa besuchen sollte. Während Deiner Reise hast Du von den Locals sicherlich auch tiefe Einblicke in die jeweilige Musik-Szene bekommen. Hast Du zum Schluss vielleicht noch ein paar Tipps, von musikalischen Newcomern, die man sich unbedingt mal anhören muss?
Ich glaube, das würde das Interview sprengen. Denn dafür ist Europa zu groß und vielfältig, mit so vielen unterschiedlichen kulturellen Einflüssen. Und hey, das ist gut so – denn irgendwie ist das Ziel dieser Reise doch die Reise selbst, und die ist sicher noch nicht vorbei. Aber ich empfehle einfach mal, durch unsere Back 2 Tape-Playlist bei Spotify zu hören, alleine unsere Gäste werde nicht jedem ein Begriff sein – da steckt sicher eine Menge Überraschungspotential drin.
Vielen Dank für das Interview!
Hip Hop Kultur –
Ein Roadtrip durch Europa
Der Reise- und Kulturführer umfasst 212 Seiten und ist im Delius Klasing Verlag erschienen. Neben Portraits von 17 Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Dänemark, die über mehr als 25 Jahre einen entscheidenden Beitrag zu Entfaltung Hip-Hop-Kultur geleistet haben, beleuchtet das Buch ebenfalls die Entwicklung der urbanen Jugendkultur Hip-Hop in europäischen Metropolen. Das Buch kostet 24,90 Euro und alle Einnahmen spenden Porsche und Niko Hüls an die gemeinnützige Organisation Viva con Agua für sauberes Trinkwasser.
Gewinnspiel
Wir verlosen drei Exemplare des Buches. Wer eins gewinnen will, schickt uns einfache eine Emaill mit dem Betreff: „Hip Hop Kultur“ bis zum 31.07.2021 an [email protected] und verratet uns Euren Lieblingsnewcomer aus den Bereichen Hip-Hop / Rap. Bitte nennt uns Eure Adresse, wohin das Buch, im Falle eines Gewinnes, versendet werden soll. Es entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Viel Glück!
©Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Porsche / Niko Hüls