Wandelism – Vandalen oder Wandelen?

19. März 2018
2 mins read

Wir sind alle in einer ständigen Wandlung. Der Körper erneuert sich konstant. Unsere Organe, Knochen, Haare, Haut – fast alle Zellen „wachsen nach“ wenn alte Zellen sterben. Selbst die Leber ist nach zwei Jahren komplett neu (gute Nachrichten!).

Wandlung ist unumgänglich und Teil unseres biologischen Prozesses. Es ist in unserer DNA. Aber auch in der DNA der Kunst, die auf der Wandelism Ausstellung in Berlin bis zum 24. März zu sehen ist.


Felix Hülpüsch aka HÜLPMAN / Foto: Denis Leo Hegic


Marina Zumi / Foto: Harald Geil

Als ich vor ein Paar Wochen nach einem passenden Titel für die Ausstellung gefragt wurde habe ich die beiden Begriffe „Vandalismus“ und „Wandel“ zusammengebracht. So ist „Wandelismus“ entstanden: die Urban Art Ausstellung in Berlin, einer Stadt die sich wie keine andere deutsche Großstadt in den letzten drei Jahrzehnten verändert hat.

Graffiti, Street Art, Urban Art (es gibt so viele Begrifflichkeiten für die Kunst die „draussen“ wächst aber immer mehr „drinnen“ zu sehen ist) ist selbst im Wandel. Viele der bekannten Künstler sind in ihren Vierzigern angekommen und haben längst die Galerien und Auktionshäuser der Welt erobert. Aber es ist nicht nur der markttechnische Wandel, der mit diesem Generationsunterschied einhergeht. Die Wahrnehmung der Street Art hat sich vom Vandalen zu einer anerkannten Kunstform gewandelt.


Jerome Graff und Senor Schnu / Foto: Denis Leo Hegic

Wandelism spiegelt die Berliner Szene wieder. Mehr als 90 Prozent der gezeigten Künstler leben und arbeiten in Berlin – das war in der Vergangenheit bei ähnlich großen Street Art Events in der Stadt nicht selbstverständlich.

Selbst nach mehr als 1700 Besuchern am ersten Tag geht die Wandelism Ausstellung noch einen Schritt weiter und verfällt nicht in eine selbstfeiernde Sprache der Superlative („die beste Show“, „das größte Event“, „die geilste Party“) sondern ist leise gekommen aber mit Betonung auf Respekt, Kreativität und Schaffen in einem demokratischen Miteinander. Jeder konnte mitmachen und sich verwirklichen. Das hat dazu geführt, dass neben vielen bekannten Namen auch sehr viele Künstler dabei sind, die ihre Arbeiten zum ersten Mal dem Publikum vorstellen. Und DAS sind die Superlative! Geiligkeiten wie der fluffige Landrover des Trios Melissa Lee / Flo, der Produzent / Theodor Robinson stellen die Zukunft der deutschen Autoindustrie dar (weg vom Dieselskandal, hin zum Fluffing!) oder die futuristische Superperspektive von Herve Thiot (Vorsicht: Bild verursacht Wind und haut alle Hipstermützen um!) sind nur zwei von solchen frischen Entdeckungen.


Kish und Melissa Lee und Canion / Foto: Denis Leo Hegic


Herve Thiot und Carolina Amaya / Foto: Harald Geil

Die Liste ist lang – von alten Meistern wie Loomit bis zu unseren Lieblingen wie Tobo, Nasca, The Krank, Akte, Onur, Senor Schnu, Ostap, Marina Zumi, Oskar Kish, The Weird, 1UP, Dave The Chimp, Canion Berlin, Cokyone, Scon75, Base23 und vielen mehr (die erwähnten Namen sollte man wirklich eher als Teaser für weitere Entdeckungen sehen, denn die Liste ist lange nicht komplett).

Jeron / Foto: Denis Leo Hegic | Dave the Chimp / Foto: Stefanie Scherer

Was gestern noch eine Autowerkstatt war ist heute ein Ausstellungsraum und wird morgen ein Wohnbau. Die Welt bleibt nicht stehen. Es bleibt uns also nichts anderes übrig als uns zu (ver)wandeln. Wandel ist Fortschritt, Entwicklung, Lernen. Nur die Rückschrittlichen blicken zurück.

Wandelism – von 17.03. bis 24.03. in der Wilhelmsaue 32, 10713 Berlin täglich von 12 bis 20 Uhr zu sehen.


1UP / Fot: Denis Leo Hegic


Tobo / Foto: Harald Geil


Nasca and The Krank / Foto: Denis Leo Hegic

Über den Autor: Denis Leo Hegic ist Autor, Kurator und Kulturmanager aus Berlin. Aber auch ein multidimensionales menschliches Wesen, voller Liebe, Wut, Licht, Blut und Scheiße auf der ständigen Suche nach Wahrheit und sich selbst. Seit 2018 setzt er diese Suche auch als Berlin Reporter auf Urbanshit fort.

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