Die Stadt Hamburg wird das historische Gängeviertel vom Investor zurück kaufen und strebt eine alternative Entwicklung mit den rund 200 Künstlern und Kuturschaffenden, die das Viertel derzeit besetzen, an. So lautet die heutige Schlagzeile aller großen Hamburger Tageszeitungen sowie die Meldungen des Gros der nationalen Presse.
Während in Hamburg die öffentliche Diskussion urbaner kultureller Freiräume seit dem Spätsommer immer weiter an Kontur und medialer Präsenz gewinnt, kämpfen auch in Berlin seit Jahren große und nicht weniger gut aufgestellte Initiativen für ihr Recht auf ein Stück Stadt. Neben dem hoch kontrovers diskutierten Großprojekt Mediaspree (hier oder hier) steht auch der 20 Jahre nach der Wiedervereinigung noch nicht fertiggestellte Mauerpark seit langen in der öffentlichen Diskussion. In Köln haben Jahre lang Bewohner für den Erhalt ihres Wohnraums des Barmer Viertels gekämpft, auch wenn Sie denn Abriss am Ende nicht verhindern konnten.
Was sich in Hamburg derzeit mit den einprägsamen Schlagworten „Recht auf Stadt“ initiativenübergreifend vernetzt, organisiert und konzentriert, findet einzeln in kleinen und größeren Projekten in mehr oder weniger allen Städten, national und international statt. Es ist weder ein neue Erscheinungsform innerhalb der Stadtentwicklung, noch eine neue Protestkultur.
Und doch scheint es irgendwie eine neue Form der öffentlichen Diskussion und Wahrnehmung zu geben. Dies zeigt die derzeitige Entwicklung in Hamburg.
Neben allen großen Hamburger Tagesblättern, drucken die ZEIT und andere große Zeitungen das Manifest „Not in our name – Marke Hamburg“ des Hamburger Musikers Ted Gaier, welches die seit Jahren bekannten Forderungen einer alternativen Stadtentwicklung gebündelt formuliert. Das konservative und als regierungshörig bekannte Hamburger Abendblatt aus dem Hause des Axel Springer Verlags positioniert sich in ungewohnt deutlicher Sprache in seinen Artikeln auf der Seite der besetzenden Künstler. Ein Hamburger CDU-Bürgerschaftler droht dem jetzigen Eigentümer und Investor in Namen der Stadt öffentlich mit den Worten „Hamburg kann auch anders“. Und selbst die BILD-Zeitung verbreitet in ihren Artikeln und Kommentaren nahezu keine negativen Meinungen hinsichtlich der Besetzung des Gängeviertels, auf welches die Redakteure bei ihrer täglichen Arbeit im Axel Springer Verlagsgebäude aus ihrem Fenster aus schauen.
Man darf gespannt sein wie es weitergeht. In Hamburg und in allen anderen Städten.
Am Ende noch ein Hinweis auf die Demonstration zum Berliner Mauerpark am Sa. 14.11.09 um 15.00h.
„Wir Bürger fordern die vollständige Fertigstellung des Mauerparks auf den geplanten und im Flächennutzungsplan Berlin festgeschriebenen 14 Hektar. Die noch fehlenden Flächen des 2. und 3. Bauabschnitts drohen jetzt mit 6-10 geschossigen Luxuswohngebäuden bebaut zu werden. Einen Mauerpark wie wir ihn jetzt haben, würde es so nicht mehr geben. Wir fordern das Land Berlin und den Senat auf, die Fertigstellung des Mauerparks in den kommenden Haushaltsplan aufzunehmen. Faule Kompromisse, wie z.B. den Park nur 10 oder 11 ha fertig zu stellen und eine Bebauung der restlichen Parkflächen zuzulassen, lehnen wir entschieden ab. Eine Bebauung direkt im Park würde die meisten kulturellen Charakteristika des Parks schaden sowie den Grundgedanken einer Grünfläche, die Ost und West miteinander verbindet zunichte machen. Der Mauerpark stellt ein geschichtlich, kulturell, stadtsoziologisch, ökologisch und frei zeitlich einmaliges und äußerst wichtiges Gebiet dar und gehört uns allen!“
Bild: byte.fm, Hamburg