Urbanshit im Interview mit dem Urban Art Künstler Plotbot KEN

3. Februar 2015
3 mins read

Die Motive des Künstlers Plotbot KEN bewegen sich in einer Welt aus Science Fiction und Dark-Age-Szenarien, inspiriert durch die Kulisse der Orte ihrer Entstehung in verlassenen Gebäuden, sowie auf alten Industriegeländen und Brachflächen.

Wir haben mit dem in Berlin lebenden Künstler über seine Arbeit und die Beweggründe der Kunstwerke gesprochen. Plotbot Ken gehört zu den nennenswertesten jungen Urban Art Künstlern Deutschlands.

Seit wann bist du künstlerisch aktiv?

Seit ich zurückdenken kann. Schon früher war meine Faszination für Musik, grafische Gestaltung, Fotografie und Graffiti sehr groß. Meiner Meinung nach muss man sich aber auf ein Thema konzentrieren und diese Schiene auch fahren.

Plotbot KEN / Ohne Titel / 2014
Plotbot KEN / Ohne Titel / 2014

Hast du die Kunst oder die Kunst dich gefunden?

Wahrscheinlich ist beides richtig.

Du hast gerade zusammen mit der URBANSHIT GALLERY eine limitierte Siebdruckedition veröffentlicht. Jeder Druck ist ein handveredeltes Unikat, gedruckt auf einem original Dokument. Woher stammen die alten Pläne?

Aus verlassenen Fabrikanlagen der Volkseigenen Betriebe (VEB); eine Rechtsform der Industrie- und Dienstleistungsbetriebe in der sowjetischen Besatzungszone und der ehemaligen DDR. Es sind Grundrisszeichungen und weitere technische Zeichnungen.

‘Dark Paths’ Siebdruck Unikate / Auflage von 33 / 42 x 59,4 cm
Plotbot KEN / „Dark Paths“ Siebdruck Unikate / Auflage von 33 / 42 x 59,4 cm

Der Druck ist im Shop der URBANSHIT GALLERY erhältlich

Deine Arbeiten im öffentlichen Raum sind immer perfekt in die Kulisse von verlassenen Gebäuden, alten Industriegeländen und Brachflächen eingebettet. Was reizt dich an diesen Orten?

Angefangen hat diese Begeisterung auf der alten Abhörstation „Teufelsberg“ in Berlin. Eine gigantische Radaranlage von den Geheimdiensten der westlichen Besatzungsmächte aus dem Kalten Krieg. Abgehört wird dort schon länger nicht mehr und der Ort dient jetzt kulturellen Zwecken. Dort fand im Sommer 2012 das Kunstevent „Artbase“ statt und wir waren schon seit ein paar Tagen dabei die freigegeben Außenflächen zu bemalen. Eine fünf Meter hohe Fassade, das Wachhaus am Eingangstor und zuletzt einvöllig ausgebranntes Gebäude, versteckt, abseits vom eigentlichen Festivalbereich. Es befanden sich nur vereinzelt Graffiti an den Wänden, der hintere Teil war völlig unberührt. Die totale Verwüstung. Die Wände aus Metall waren völlig verostet und hatten außergewöhnliche Strukturen. Da es nicht zum Festival gehörte, bekamen es natürlich auch weniger Leute zu sehen. Die Ästhetik des Momentes wurde aber zum Glück auf Fotos festgehalten.

Auch heute male ich vorwiegend in verlassenen Fabrikanlagen, Bunkeranlagen oder relativ schlecht zugänglichen Orten. Der richtige Hintergrund ist sehr wichtig und entscheidend, vor allem für die Wahl des Motives.

In einem verlassenen Schlachthof habe ich zum Beispiel ein fünf Meter großes Wandbild von einem viktorianischen Pest-Doktor gemalt. Aasgeier um ihn herum warten bereits geduldig auf ihren Teil des Abkommens. Die Präsenz des Pest-Doktor zog sich noch mehrere Meter über den Boden, bis in die einzelnen Kammern der Arkaden. Die Halle war der letzte Teil eines verlassenen Schlachthofes, der zu seiner Zeit als einer der größten Europas galt. Ein Gebäude dass aus einem durchgezogenen Korridor mit unzähligen Arkaden bestand, diente dazu die Därme für die Weiterverarbeitung zu trocknen. Das leerstehende Gebäude nebenan war eine Lederfabrik. Getreu dem Motto „nothing goes to waste“ wurden an diesem Ort über ein Jahrhundert lang die Ausbeute der industriellen Massentierhaltung geschlachtet und weiterverarbeitet.

Deine Arbeiten bewegen sich in einer faszinierenden Welt aus Dark-Age-Szenarien und Katastrophen-Filmen. Wie entstehen deine Motive?

Es sind Spiegelbilder unserer Zeit. Unser ständiges Verlangen nach Energie, die globale Industralisierung und die sich daraus ergebenden Konflikte um Macht und Ressourcen. Szenen aus Ländern wo der Krieg schon längst zum Alltag geworden ist. Die kontinuierliche Verschmutzung der Umwelt und die bereits auftretenden Auswirkungen auf Mensch und Tier. Phänomene wie Saatgutveränderung, Massentierhaltung und Wettermanipulation unterstreichen dieses düstere Zukunftsbild. Wenn es darum geht Hunger, Armut und Bedarf zu stillen, fehlen meist Geld- und Forschungsmittel. Auf der anderen Seite scheint es einen unbegrenzten Reichtum zu geben, wenn es um Kernwaffenforschung oder sonstige Finanzierung von Kriegsmitteln geht.

Das globale Wettrüsten scheint wie ein unermüdlicher Nachbarschaftskrieg der nun seine Kollateralschäden trägt. Alleine auf einem Gebiet in der Nähe der Arktis befinden sich auf dem Meeresgrund drei gesunkene Atom-U-Boote, 17.000 Container mit Atommüll, 19 Atommüllfrachter und 14 Reaktoren der russischen Nordmeerflotte. Genau wie bei den Unglücken in Tschernobyl und Fukushima droht auch hier mit dem Einbruch von Meerwasser, eine Explosion des Reaktors und somit eine massive Verseuchung der Fischgründe und Natur. Wie man bei der Bergung der „K-141 Kurs“k gesehen hat, ist es also technisch möglich diese U-Boote zu heben. Der hauptsächliche Beweggrund für diese Bergung war jedoch vor allem wohl die Schuldzuweisung, nur sekundär gibt es darum, der Umwelt einen Gefallen zu tun.

Darauf möchte ich mit meiner Kunst reagieren und ein Zeichen setzen.

Portrait des Künstlers (Foto: Karl Kratz / 2014)
Portrait des Künstlers (Foto: Karl Kratz / 2014)
Plotbot KEN / “Macondo” / Marker, Ink On Cardboard / 2014
Plotbot KEN / “Macondo” / Marker, Ink On Cardboard / 2014

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