St. Pauli bekommt einen neuen Club. Der gemeinnützige clubkinder e.V. eröffnet nächste Woche mitten auf St. Pauli einen eigenen Laden, mit dem sie ihren Namen dauerhaft zum Programm machen wollen. Das Besondere: Unterm Strich fließt alles was übrig bleibt als Spende in den Stadtteil.
Wir haben uns mit mit den beiden Ideengebern Jannes Vahl und Joko Weykopf getroffen, um über ihre neueste Idee, die Gedanken hinter dem Clubkonzept und die Menschen hinter dem Tresen zu sprechen.
Hallo Jannes und Joko. Für die, die euch noch nicht von der Straße oder vom Tresen kennen – stellt euch doch bitte kurz vor.
Joko: Zu allererst mal sind wir Freunde. Seit dem 1. Juli 2000 – ein denkwürdiger Tag, denn in ebendieser Nacht haben Jannes und ich tatsächlich so ziemlich exakt die Vision aufgemalt, wo wir heute stehen (nachdem wir uns bei Rage Against the Maschine umgepogt hatten): Heute leiten wir mit Polycore eine Werbeagentur und mit dem clubkinder e.V. einen gemeinnützigen Verein, der Spenden gegen soziale Probleme in Hamburg sammelt.
Mit „Unterm Strich“ machen die clubkinder jetzt ernst und eröffnen einen eigenen Club auf St. Pauli. Was ist die Idee hinter dem Club?
Joko: Für den Club haben wir eine Eventagentur gegründet, die hundertprozentige Tochter des Vereins ist. Sie veranstaltet in Zukunft unsere bunten Partynächte, aber auch Konzerte oder Gaga-Kram wie die Tagebuchlesung. Im Club öffnen wir freitags und samstags um Mitternacht, der Eintritt beträgt immer 9 Euro, die DJs werden in der Regel nicht angekündigt. So können wir den Club als Spielplatz sehen, in dem jedes Format, jede Musikrichtung und jede noch so spinnerte Idee stattfinden darf. Der Gag: Wir haben keine Miet- oder sonstige Kosten, nur Türsteher, Barleute und Booking auf der Uhr. Und das sind alles Freunde von uns und Menschen, die den Verein und die Idee des Clubs unterstützen. So können wir ordentlich Spenden einsammeln, wenn der Laden läuft.
Jetzt mal ehrlich. Braucht St. Pauli wirklich noch einen weiteren Club? Ist St. Pauli nicht schon genug Partymeile?
Jannes: Wann warst Du denn das letzte Mal auf der Reeperbahn feiern? Eben. Wir wollen eine echte Alternative anbieten. Für’s Nachtleben und vor allem: es gibt noch keinen Spendenclub. Zumindest kennen wir keinen. Für Hamburg, weil wir mit den Spenden am laufenden Band soziale Probleme lösen. Für Sankt Pauli, weil wir einen kulturellen Ort schaffen, an dem noch Wahnsinn erwünscht ist. Und auch für uns selber: ein Wohnzimmer, an dem man mit guten Leuten gute Getränke schlürft und gut feiern kann. Eine friedliche Oase mitten auf der Reeperbahn.
Ihr seid Ideengeber und bespielt den Club mit Programm. Zu zweit schmeißt man allerdings noch keinen Club. Wer steckt noch mit hinter den Kulissen?
Jannes: Unsere großzügigen Partner sind die Jungs von Lago Bay mit ihren Räumen, ihrer Struktur und ihrem unermesslichen Club-Wissen. Allen voran Thomas, Alex und Al, denen der gute Zweck schon immer wichtig war. Beim Programm hilft uns Booking-Gott Davidé. Die Tür macht Tobi mit seinen Jungs. Den kennen alle clubkinder eh schon. Genau wie Tammo, der die Barleute anführt. Man kann also guten Gewissens sagen: ein Hamburger Party-Dreamteam. Joko und ich sind die Grüßonkel. Und dann haben wir natürlich noch die unzähligen Helfer, die den Verein unterstützen – in diesem Fall wahre clubkinder.
Kein uneindeutiger Name. Was bedeutet „Unterm Strich“?
Joko: Na, wir sind im Keller unter dem berühmtesten Strich der Welt. Außerdem sind unterm Strich alle Menschen gleich. Kann man als Ehrerbietung an das echte St. Pauli betrachten, kann man aber auch einfach nur abfeiern.
Das was unterm Strich übrig bleibt, wird also gespendet. Richtig?
Joko: Korrekt. Wir bezahlen unsere Leute gut, es gibt aber auch jede Menge Helfer, die uns ihre Arbeit spenden. Und das ist ein wichtiger Punkt. Wir haben sehr viele Freunde, die im Nachtleben hart arbeiten für ihr Geld. Viele denken ja immer, Clubbetreiber kommen finanziell vor Lachen nicht in den Schlaf oder »schleppen das Geld in Schubkarren raus«. Das ist nicht so. Das Betreiben eines Club ist ein Knochenjob, mit dem man nicht reich wird. Warum machen wir das trotzdem? Weil wir eine Plattform bieten wollen. Für alle, die sich für den guten Zweck einbringen und dabei feiern möchten. Das senkt die Kosten enorm. Alle werfen das, was sie können, mit in den Topf. Und alles, was nach der Party über ist, spenden wir.
Wen unterstützt ihr mit dem Geld?
Jannes: Das handhaben wir, wie wir das bei den clubkindern schon immer gemacht haben: Entweder fragt uns jemand nach Hilfe oder wir suchen selber nach Vereinen, die das Geld verdient haben. Wichtig ist, dass wir den Spendenzweck vorher verifizieren und alle Bock auf das Thema haben. Einen besonderen Augenmerk geben wir bei diesem Projekt auf den Stadtteil, wir wollen St. Pauli mit dem Club etwas zurückgeben.
Was für ein Programm erwartet den Besucher?
Joko: Worauf alle Bock haben. Die Partys heißen einfach »Unterm Strich Electro«, »Unterm Strich HipHop«, »Unterm Strich Gay« oder »Unterm Strich Salt & Silver«. So können wir auch Speed Metal oder Free Jazz machen, wenn wir wollen. Man wird anhand der Namen aber immer auf die Musikrichtung schließen können. An dieser Stelle sei gesagt: es gibt einige namhafte Künstler, die den Club regelmäßig beschallen werden – »Unterm Strich Prominent«. Aber: um zu erfahren, wer das ist, muss man Unterm Strich vorbei kommen.
Und wann geht’s los?
Jannes: am 11. September. Tut uns leid, aber ging nicht anders. Kann man sich wenigstens gut merken.
Wir sehen uns Unterm Strich!
Unterm Strich
Reeperbahn 136
(Eingang neben der Ritze)
Eröffnung am 11. September 2015
Wer auf dem Laufenden sein will – hier gehts zum Newsletter: www.untermstrich.hamburg
Titelfoto: Julia Schwendner