We Are Visual “Lost Found and Stolen” Ausstellung – Interview mit Marc Einsiedel

11. Oktober 2014
3 mins read

In einer Woche eröffnet die neueste Ausstellung des Künstlerduos We Are Visual (WAV) in der Hamburger Galerie “Raum linksrechts”. Unter dem Titel “Lost Found and Stolen” arbeiten die beiden Künstler Marc Einsiedel und Felix Jung dabei seit der Gründung von WAV 2010 erstmalig getrennt voneinander an einem Projekt, einer in den linken, der andere in den rechten Räumlichkeiten der Galerie “Raum linksrechts”. Abgeschirmt voneinander werden sie die Arbeiten des jeweils anderen erst am Abend der Vernissage sehen.

Wir haben im Vorfeld der neuen Ausstellung mit WAV gesprochen. Dabei haben wir, dem Prinzip der Ausstellung folgend, beide Künstler einzeln interviewt. Marc Einsiedel und Felix Jung kannten die Antworten des jeweils anderen bis zur Veröffentlichung nicht.

Marc Einsiedel von We Are Visual im Interview zur Ausstellung “Lost Found and Stolen”

Urbanshit: Ihr geht mit eurer kommenden Ausstellung einen neuen konzeptionellen Schritt der Zusammenarbeit. Für „Lost Found and Stolen“ arbeitet ihr nach vier Jahren erstmalig getrennt voneinander an einem Projekt. Am Ende stellt ihr gemeinsam als Künstlerduo We Are Visual aus, in zwei getrennten Räumen der Galerie „Raum linksrechts“.

Was ist die Idee dahinter? Wie ist die Idee zu der Ausstellung entstanden?

Marc Einsiedel: Die bisherigen Ausstellungen waren teils auf Kompromissen, teils auf Forschung und Einigkeit aufgebaut. Mein Wunsch war es dieses Jahr eine Ausstellung auf die Beine zu stellen, in der man Konzepte und Ideen eigenständig behandelt.

Als ich Felix kennenlernte, betrieb er mit dem Kollektiv ASA eine Untergrund-Galerie. Etwa ein Jahr später stellte ich dort mit dem Thema „Lost, Found and Stolen“ aus. Das dürfte so etwa 2008 oder 2009 gewesen sein.

Die Galerie Raum linksrechts hat schon vor längerer Zeit Interesse gezeigt uns auszustellen. So kam mir die Idee, das wir als Experiment in zwei separaten Räumlichkeiten – ohne zu wissen was der andere entwickelt – das selbe Thema behandeln. Diskutiert – gesagt – getan.

Us: War dieser Schritt nach vier Jahren intensiver Zusammenarbeit einmal nötig, um die andere Seite von We Are Visual noch besser kennenzulernen?

ME: Nötig, unnötig … würde ich nicht sagen. Wir kennen uns inzwischen so gut, dass wir in manchen Situationen nicht mehr großartig kommunizieren müssen. Bei vielen Dingen hat sich schon ein Automatismus eingeschlichen.

Das Verlangen nach dem alleinigen Schaffen war der Anreiz. Vielleicht sogar auch die Frage nach der Bewältigung, eine Ausstellung zu kreieren hinter der man steht.

Us: In einer Woche eröffnet die Ausstellung. Die Vorbereitungen sind bereits im vollen Gange. Wie ist es, alleine auf eine gemeinsame Ausstellung hinzuarbeiten, ohne zu wissen, was der andere im Nebenraum gerade macht?

ME: Super spannend. Spannender als ich es mir vorgestellt habe. Es fühlt sich wie früher an, als man an den Geschenken die unter der Tanne lagen vorbei ging, man muss aber noch warten. Das Zeigt man dem Gegenüber natürlich nicht!

Ich merke aber auch, dass die Gewohnheit, wie zum Beispiel der Diskurs über eine Arbeit, fehlt und man deutlich länger braucht, um Entscheidungen zu fällen.

Dazu kommt auch noch, dass wir zum Großteil für unserer Installationen Unmengen an Material bewegen, was nun kraftmäßig um die Hälfte reduziert ist. Vielleicht auch mal nicht schlecht, für den Abbau einer Ausstellung nicht zwei volle Tage zu brauchen.

Felix Jung (links) und Marc Einsiedel (rechts) beilden das Künstlerkollektiv We Are Visual (WAV)
Felix Jung (links) und Marc Einsiedel (rechts) bilden zusammen das Künstlerkollektiv We Are Visual (WAV)

Us: Ihr arbeitet bereits seit 2010 als Künstlerduo zusammen. Was vermisst du an der Zusammenarbeit mit dem anderen?

ME: Gerade überhaupt nichts. Wir haben in den letzten vier Wochen vier Ausstellungen hingelegt. Bei der einen machen wir gerade den Abbau, bei der nächsten fangen wir am selben Abend schon an aufzubauen. Bei dieser hohen Taktung bleibt kaum Zeit für Reflektion. Für mich beinhalten diese zwei Wochen des alleinigen Schaffens Zeit, über das vergangene Jahr nachzudenken.

Us: Zu We Are Visual gehören zwei Künstler. Zu dem Schritt der „getrennten Zusammenarbeit“ gehört eine Menge Vertrauen in den anderen. Kennt ihr euch so gut, dass ihr euch blind vertraut?

ME: Wenn ich E-mails schreibe, die sich um WAV drehen, dann will Felix diese meistens noch einmal Korrektur lesen :-) 

Us: Hast du Angst, dass die Ausstellungsbesucher am Ende die Arbeiten von jedem einzelnen bewerten und gegenüberstellen werden?

ME: Nein, gar nicht. Kritik ist mir wichtig. Sie bietet Anreiz zur Diskussion und zur Verbesserung. Und wie soll es eine Gegenüberstellung geben? Wir sind ja nicht eineiige Zwillinge. Wäre aber bestimmt interessant.

Us: Meinst du, dass die Ausstellung Auswirkungen auf eure zukünftige Zusammenarbeit haben wird?

ME: Das kann ich nicht genau sagen. Wenn du mir die Frage nach der Ausstellung noch einmal stellst, kann ich sie dir vielleicht beantworten.

Us: Was sind deine Vermutungen, was der andere für „Lost Found and Stolen“ machen wird?

ME: Ich könnte mir vorstellen, dass in dem Raum gar nichts ist. Es geht um „Lost“ oder auch „Stolen“, vielleicht hat jemand anderes es auch gefunden. Diese Thematik hat eben unbegrenzten Raum zur Interpretation des einzelnen.

Us: Vielen Dank für das Interview.

Hier geht’s zum zweiten Interview: Felix Jung von We Are Visual im Interview zur Ausstellung “Lost Found and Stolen”

Die Künstler Marc Einsiedel und Felix Jung arbeiten seit 2010 unter dem Namen We Are Visual oder auch WAV als Künstlerduo zusammen. Jüngst wurden WAV mit dem ersten Preis des Sella Hasse Kunstpreis 2014 ausgezeichnet.

Ausstellung: Lost Found and Stolen

Vernissage Samstag, 18. Oktober um 19 Uhr
Ausstellung 19. Oktober bis 07. November 2014
Öffnungszeiten Do. bis Sa. 17 bis 20 Uhr und nach Vereinbarung

Raum linksrechts
Valentinskamp 37
20355 Hamburg

We Are Visual

Website
Facebook

Mehr von We Are Visual

……………………………………………………
All Pictures © We Are Visual

Newsletter

Urban Art News 🙌

We hate spams like you do

Geschrieben von

Latest from Blog

„Street Art Bildersuche“ Mümmelmannsberg Sommer Edition 2022

Nahezu 100 Street-Art-Kunstwerke von verschiedenen Künstler:innen aus ganz Europa haben den Hamburger Stadtteil Mümmelmannsberg in eine große kostenlose Freiluftgalerie verwandelt und laden ein auf Kunst-Entdeckungstour zu gehen und gleichzeitig den Stadtteil (neu) kennenzulernen. Diesen Sommer sind rund 70 neue Kunstwerke dazu gekommen. Also auf nach Mümmelmannsberg ?.Wie wäre es mit
„Graffiti & Bananas. Die Kunst der Straße“, Nordico Stadtmuseum Linz, 2020, Foto: Norbert Artner

GRAFFITI & BANANAS – Eine Ausstellung über die Urban Art Szene in Linz

– URBAN TRAVEL –Linz ist ein wahrer Geheimtipp, wenn es um Street Art in Europa geht. Als eine der ersten Städte beschäftigt sich die Stadt nun mit einer umfangreichen Ausstellung im Nordico Stadtmuseum Linz mit der Urban Art Geschichte und Szene der eigenen Stadt – nicht selbstverständlich bei einer politischen Kunstform,

Neues Mural von Hera in Frankfurt zum Auftakt von „11 Walls | 11 Goals“

Die Künstlerin HERA hat vor wenigen Tagen ihr neuestes Mural in Frankfurt fertiggestellt. Das großformatige Kunstwerk auf der nördlichen Seite des Mains, ist der Auftakt einer bevorstehenden Reihe von zahlreichen Urban Art Kunstwerken des Projektes 11 Walls | 11 Goals. Über die nächsten Wochen entstehen insgesamt 11 Kunstwerke von 11

Der Einstieg ins Kunstsammeln: „Affordable Art Fair“ in Hamburg

In wenigen Tagen eröffnet die Affordable Art Fair in Hamburg ihre Türen und versammelt Kunst von internationalen Galerien an einem Ort. Für drei Tage verwandelt die Kunstmesse die sonst eher schlichten Messehallen in eine riesige, bunte Ausstellung. Das Besondere: Alle gezeigten Kunstwerke gibt es für einen „erschwinglichen“ Preis zu kaufen,

Street Art Bildersuche Mümmelmannsberg 2023

Über 100 Street-Art-Kunstwerke von verschiedenen Künstler:innen aus ganz Europa verwandeln den Hamburger Stadtteil Mümmelmannsberg in eine große kostenlose Freiluftgalerie und laden ein auf Kunst-Entdeckungstour zu gehen und gleichzeitig den Stadtteil (neu) kennenzulernen. Ab dem 7. Oktober kommen rund 70 neue Kunstwerke dazu. Also auf nach Mümmelmannsberg!Die Street Art Bildersuche bringt

„Painting Dhaka“ Filmpremiere auf dem Human Rights Filmfestival Berlin

„Painting Dhaka“ ist kein klassischer Graffiti Film. Das wird bereits nach wenigen Sekunden klar, wenn man sich den Trailer zum Film anschaut. Der Dokumentarfilm Painting Dhaka von Lukas Zeilinger ist viel mehr. Der Film erzählt eine Geschichte, die ihren Ursprung im Graffiti hat und über Umwege in den ganz großen
Go toTop

Don't Miss

„Street Art Bildersuche“ Mümmelmannsberg Sommer Edition 2022

Nahezu 100 Street-Art-Kunstwerke von verschiedenen Künstler:innen aus ganz Europa haben den Hamburger
„Graffiti & Bananas. Die Kunst der Straße“, Nordico Stadtmuseum Linz, 2020, Foto: Norbert Artner

GRAFFITI & BANANAS – Eine Ausstellung über die Urban Art Szene in Linz

– URBAN TRAVEL –Linz ist ein wahrer Geheimtipp, wenn es um Street

Neues Mural von Hera in Frankfurt zum Auftakt von „11 Walls | 11 Goals“

Die Künstlerin HERA hat vor wenigen Tagen ihr neuestes Mural in Frankfurt