Tché: der Molekulargrafiteiro

28. März 2018
2 mins read

Tché ist endlich aus São Paulo in Berlin angekommen. Wir härten unseren brasilianischen Freund mit Märzschnee und verlängertem Berliner Winter ab, können aber deswegen auch das Bier draußen auf der Fensterbank des Urban Spree Residenzstudios kühl halten. Kalt ist das Bier und Deep ist die Kunst, die um uns herum hängt und an der Tché die letzten Schliffe anlegt.

„DEEP“ – das ist auch der Ausstellungstitel von Marcelo Ruggi (a.k.a. Tché) Show, die am 29. März bei Urban Spree in Berlin eröffnet. Tché wird eine Serie präsentieren, die er „Submercidade“ nennt. Submercidade bedeutet so viel wie „versunkene Stadt“ und ist die „urban natürliche“ Umgebung, in der Tché vorzugsweise verweilt und die er auf die Leinwand bringt.

„Deep ist ein Ort der Muse für mich. In Brasilien gibt es einen kleinen Ort, der Alto Paraíso heißt und auf einer Höhe von 1.200 Meter liegt. Es ist ein wunderschöner Ort mit viel Spiritualität, anmutender Landschaft, Gebirgsketten und einem riesigen hydrographischen Wassernetz, welches dutzende Wasserfälle und kristallklare Becken hervorbringt. Alto Paraíso ist ein beliebtes Ausflugsziel, auch für mich. Wenn ich dort bin halte ich mich jedoch meistens IM Wasser auf, und nicht drum herum, wie die meisten Besucher. Ich tauche und lasse mich von diesem einen Moment inspirieren, wenn du gerade das Licht von der Wasseroberfläche verlierst und um dich herum nur Dunkelheit herrscht. Es ist auch ein gefährlicher Ort, voller tückischer Wasserwirbel und Strömungen. Unterirdische Kanäle, verbunden mit dem Grundwasser, können dich buchstäblich einsaugen wenn du nicht vorsichtig genug bist. Es ist ein Adrenalin-Trip für Geist und Körper.“


„Minas Gerais ist eine andere Gegend im Süden von Brasilien, die so reich an verschiedenen Mineralien, Kristallen und besonderen geologischen Vorkommen ist. Dort bin ich auch oft und finde die (Stadt)Strukturen, die man in meinen Bildern sieht. Mein Stiefvater war Geologe. Das allererste Buch, das ich gelesen habe war demzufolge eins über Steine und Mineralien. Wahrscheinlich habe ich deswegen diesen Tick. Aber ich bin sehr dankbar dafür, denn das hat mich auf meinen Entdeckerpfad geführt. Urbane Kunst wird manchmal ausschließlich mit städtischer Umgebung assoziiert, weit weg von Natur. Wir vergessen aber, dass selbst Beton und Asphalt nur Transformationen natürlicher Vorkommen sind. “

Die Kunst von Tché scheint molekular. Selbst ohne die Orte in Brasilien zu kennen spürt man die Verbindung des verrückten Architekten und des Grafiteiros. Tchés Augen sind neugierig und unruhig, seine Brushtechnik könnte jedoch  mit der Hand jedes Chirurgen mithalten. Er macht perfekte Linien, manche kaum erkennbar schwarz auf schwarz und andere wie tiefe Schnitte im grellen Fleisch. Donnerstag eröffnet die Ausstellung. Kommet und erfahret. Wer weiß, vielleicht gehts tief in die Berliner Nacht.

Alle Fotos: Denis Leo Hegic

„DEEP“ Ausstellungseröffnung von Marcelo Ruggi a.k.a. Tché

Donnerstag, 29.03.2018
19:00 bis 22:00

Urban Spree Revaler Str. 99, 10245 Berlin

www.urbanspree.com

Über den Autor: Denis Leo Hegic ist Autor, Kurator und Kulturmanager aus Berlin. Aber auch ein multidimensionales menschliches Wesen, voller Liebe, Wut, Licht, Blut und Scheiße auf der ständigen Suche nach Wahrheit und sich selbst. Seit 2018 setzt er diese Suche auch als Berlin Reporter auf Urbanshit fort.

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