"Der menschliche Geist ist selten klar" Interview mit der Illustratorin und Künstlerin AIN
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„Der menschliche Geist ist selten klar“ Interview mit der Illustratorin und Künstlerin AIN

Wir haben die Künstlerin AIN in ihrem Studio besucht. Die junge Hamburgerin arbeitet mit komplexen Collagen aus Text- und Fotofragmenten aus alten Magazinen und typographischen Elementen aus Philosophie und Literatur. In ihren Arbeiten verschmelzen gesellschaftliche Fiktion der Mode und Werbung mit Gedanken morbider Realitäten zu ästhetischen Bildern.

Anfang Februar stellt die gelernte Kommunikationsdesignerin mit ihrer ersten umfassenden Einzelausstellung im Projektor im Hamburger Schanzenviertel aus und gibt unter dem Titel „I bleed black“ einen Einblick in ihre vielschichtigen Mixed Media Collagen.

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Du hast Freie Kunst und Kommunikationsdesign in Hamburg studiert. Wie bist du zu dem gekommen was du heute machst?

Während meines Studiums hat sich recht schnell rausgestellt, wozu ich Lust und einen Hang habe. Ich habe ja schon mein Leben lang gemalt und war auch schon lange vorher von morbiden Themen begeistert. Die ersten Collagen habe ich tatsächlich im Fach Illustration erarbeitet, zum Thema psychische Krankheiten. Das Fragmetarische und das Symbolhafte eignet sich meiner Meinung nach sehr gut, um Gedanken darzustellen. Der menschliche Geist ist ja selten klar, du denkst vielleicht daran, was du heute kochen wirst, fragst dich wann du das nächste mal Urlaub hast und hast gleichzeitig einen Ohrwurm.

Ich finde, man kann mit Collagen eine ganz klare Aussage treffen und die vielen Bedeutungsebenen, die da noch mit hinnein spielen beleuchten.

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Woher stammen die unterschiedlichen Materialien für deine Collagen?

Die meisten Bilder stammen aus alten Magazinen; aus ausländischen Zeitungen, Vintage-Fotos und Büchern. Manches finde ich auf der Straße, in Second Hand Läden, in der Bahn, in Bars, Dachböden … vieles wird mir inzwischen auch mitgebracht. Andere Materialien finden sich in jedem Haushalt und werden einfach zweckentfremdet.

Das hat angefangen, als ich kaum Geld hatte. Da bist du gezwungen dir extrem kostengünstige Alternativen auszudenken. Das schult die Kreativität allerdings auch ungemein und dein handwerkliches Geschick. Du musst dir einen anderen Blick auf deine Umgebung angewöhnen, dein Bewusstsein, deinen Bedürfnissen nach quasi erweitern.

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Wodurch werden deine Arbeiten inspiriert?

Erlebnisse und die damit verbundenen Gefühle. Musik, Literatur und Lyrik unterstützen die ursprüngliche Emotionen letztendlich nur, sind aber Hilfreich um wirklich tief abzutauchen.

Es gibt immer einen Ausgangspunkt, vielleicht lese ich etwas, was mir sehr gefällt, dann analysiere ich das Gefühl und versuche es mit verschiedenen Techniken zu steigern. Es kann auch sein, dass mich ein besonderer Duft wieder an einen Ort versetzt und ich die emotionale Umgebung dazu erschaffe, bzw. verstärke. Da ist die Synästhesie natürlich auch hilfreich.

Deine Collagen beinhalten meist auch Text, oftmals philosophische Zitate und lyrische Versatzstücke. Hast du einen Hang zu Typographie und Literatur?

Als Teenager habe ich so ziemlich alles gelesen, was in den elterlichen Regalen stand. Je verstaubter (und klassischer) desto besser. Während meiner Ausbildung zur Buchhändlerin hat sich das noch intensiviert. Vielleicht gab es da auch schon erste typographische Interessen, da war ich von alt(hoch)deutscher Dichtung genauso fasziniert wie von der Schrift. In meiner Diplomarbeit habe ich dann erstmals eine eigene Typographie entwickelt.

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Was erwartet den Besucher in deiner kommenden Ausstellung „I Bleed Black?

Holger, der Initiator vom Projektor, und ich haben sozusagen einen Eingang erschaffen: Vielleicht kann man „I bleed black“ als so etwas wie eine lebende Collage sehen. Zuerst wirst du musikalisch cineastisch bzw. literarisch in eine bestimmte Stimmung versetzt und in dem Zusammenhang schaust du dann die Bilder an. Ich glaube, man hat einen deutlich unterschiedlichen Zugang zu den Bildern, wenn du sie dir aus deinem Alltagsbewusstsein heraus anschaust, oder nachdem du quasi vorbereitet wurdest.

Begleitend zur Ausstellung wird „The Addiction“ gezeigt. In welcher Verbindung stehen Film und Ausstellung zueinander?

In dem Film „The Addiction“ geht es um Vampirismus und seine philosophische Betrachtungsweise. Er hat eine Schwarz-Weiß-Ästhetik. Da ist die Verbindung von Vampirismus, Blut, I bleed black, die Farbe von Blut in einem Film Noire, die Farbe der Tinte auf meinen Bildern, die Art und Weise wie ich arbeite. Vampirismus ist zutiefst morbid, instinktiv und im ursprünglichen Sinne romantisch. Auch eine Art wie ich vorgehe. Ich arbeite ja synästhetisch, das ist mein Instinkt. Du kannst Vampirismus dem Film entsprechend auch als Krankheit sehen, aber eine die dich manchmal berauscht, du leidest einerseits aber du willst dich auch darin ergehen. Das ist wie mit der Kunst selbst.

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© Die Fotos im Studio von AIN hat Stefan Steinbach gemacht.

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I Bleed Black

2. – 6. Februar 2016
Projektor
Sternstrasse 4
Hamburg, 20357

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